125 Jahre Carl-Zuckmayer Brief des Ortsbürgermeisters René Adler an Saas Fee Seite 1 Quelle: Ortsgemeinde Nackenheim

    125 Jahre Carl-Zuckmayer Brief des Ortsbürgermeisters René Adler an Saas Fee Seite 2 Quelle: Ortsgemeinde Nackenheim
    CarlZuckmayerBüste Quelle: KV Mainz-Bingen


    ÜPM 2108 Zuckmayer Foto Übergabe Büste an das Ortsmuseum.jpg Quelle: KV Mainz-Bingen




    Pressemeldung Übergabe der Carl Zuckmayer Büste an das Ortsmuseum_2021_08_18.JPG Quelle: KV Mainz-Bingen

    Über sein Leben

    Carl Zuckmayer mit Nackenheimer Winzern am Roten Hang

    Carl Zuckmayer war der Sohn eines Fabrikanten für Weinflaschenkapseln in Nackenheim und wuchs von 1900 an in Mainz auf. Er besuchte mit wenig Begeisterung die Schule und hatte oft Ärger mit seinen Lehrern. Nur knapp entging er einem Schulverweis in der Oberprima. 1914 machte er ein Notabitur am damaligen Neuen Gymnasium (heute: altsprachliches Rabanus-Maurus-Gymnasium) in Mainz, was ihm ermöglichte, sich als Kriegsfreiwilliger zu melden. Er trat bei dem (berittenen) Feldartillerie-Regiment „Oranien“ (1. Nassauisches) Nr. 27 ein. Im Frühjahr 1917 diente er jedoch bei der Fußartillerie, als Vizefeldwebel in der schweren 15 cm. Marine-Kanonen-Batterie 32 an der Westfront. Das Kriegsende erlebte er als Leutnant der Reserve. Zuckmayer wurde bis 1918 mehrmals ausgezeichnet und war zuletzt Inhaber des Eisernen Kreuzes beider Klassen, des badischen Ordens vom Zähringer Löwen mit Eichenlaub und Schwertern sowie der Hessischen Tapferkeitsmedaille.

    Nach dem Krieg studierte Zuckmayer bis 1920 unter anderem Jura, Literaturgeschichte und Soziologie in Frankfurt am Main und Heidelberg. Von 1917 an veröffentlichte er Gedichte in expressionistischen Zeitschriften, darunter in der von Franz Pfemfert herausgegebenen Aktion.


    Zur Weimarer Republik

    Im Dezember 1920 wurde sein Drama Kreuzweg am Staatstheater Berlin uraufgeführt, aber bereits nach drei Aufführungen wieder abgesetzt. Lobende Besprechungen erhielt es lediglich von Herbert Ihering und Siegfried Jacobsohn.

    1920 heiratete er seine Mainzer Jugendliebe Annemarie Ganz, von der er sich 1921 wieder scheiden ließ, nachdem er eine leidenschaftliche Liebesaffaire mit der Schauspielerin Annemarie Seidel, genannt Mirl, begonnen hatte. Bis 1922 schlug er sich als Bänkelsänger in Kneipen und mit Gelegenheitsarbeiten durch (unter anderem als Statist beim Film und als Anreißer für illegale Vergnügungslokale in Berlin, kurzzeitig auch als Drogendealer - dies unterließ er jedoch schnell, da er beinahe verhaftet wurde).

    1922 wurde Zuckmayer vom Intendanten Curt Elwenspoek an das Kieler Stadttheater geholt. Gemeinsam wollten sie im Frühjahr 1923 eine aktualisierte Fassung der Komödie  Eunuch von Terenz auf die Bühne bringen. Die zuständige Theaterkommission setzte jedoch die geplante Uraufführung unmittelbar nach der Generalprobe ab und entließ Zuckmayer und Elwenspoek fristlos.

    Nach dem Kieler Theaterskandal war Zuckmayer als Dramaturg in München und (zusammen mit Bertolt Brecht) am Deutschen Theater Berlin tätig. Dort lernte er die Wiener Schauspielerin Alice Frank (1901–1991), geborene von Herdan, kennen, die er 1925 heiratete und mit der er bis zu seinem Tod zusammenlebte. Aus einer vorangegangenen Ehe mit dem kommunistischen Funktionär Karl Frank hatte sie eine Tochter (Michaela), deren Stiefvater Zuckmayer nun wurde. 1926 wurde seine leibliche Tochter Maria Winnetou geboren. Sie heiratete später den Schriftsteller Michael Guttenbrunner.

    Der literarische Durchbruch gelang ihm im Dezember 1925 mit der Uraufführung der Komödie Der fröhliche Weinberg im Theater am Schiffbauerdamm, die kurz zuvor von Paul Fechter mit dem Kleist-Preis ausgezeichnet worden war. Sie führte vor allem wegen der parodistischen Darstellung eines Corpsstudenten zu zahlreichen Skandalen, wurde aber dennoch das meistgespielte Theaterstück in den 1920er Jahren. Von seinen Tantiemen kaufte sich Zuckmayer 1926 das Landhaus „Wiesmühl“ in Henndorf am Wallersee bei Salzburg.

    Berlin blieb aber weiterhin sein berufliches Zentrum, und dort feierte er im Oktober 1927 mit der Uraufführung von Schinderhannes im Lessing-Theater den nächsten Theatererfolg. Dieses Stück wollte er als expliziten Gegenentwurf zum politischen Theater von Erwin Piscator verstanden wissen:

    Im Fröhlichen Weinberg war es mir gelungen, die Leute so von Herzen zum Lachen zu bringen, wie sie selten im Theater lachen können. Nun lag es mir am Herzen, die Leute auch einmal flennen zu lassen. Ich wollte wieder Menschen vom Gefühl her auf dem Theater ansprechen, gegen die sogenannte neue Sachlichkeit, gegen das lehrhaft-politische Theater, das in dieser Zeit begann.

    Carl-Zuckmayer Büste am Rathaus in Nackenheim

    Im Dezember 1928 folgte das Volksstück Katharina Knie, eine Seiltänzerkomödie, das wieder großen Publikumszuspruch fand. Bei der Kritik fiel es allerdings durch – wie die meisten seiner Stücke nach dem Fröhlichen Weinberg. Zu dieser Zeit arbeitete er auch amDrehbuch zu dem Film Der blaue Engel mit, der nach dem Roman Professor Unrat von Heinrich Mann gedreht wurde und im Frühjahr 1930 in die Kinos kam.Seinen größten Erfolg in den Jahren der Weimarer Republik hatte er mit der 1931 am Deutschen Theater in Berlin uraufgeführten Komödie Der Hauptmann von Köpenick. Ein deutsches Märchen. 160.000 Mark an Tantiemen (damals das Lebenseinkommen eines Schwerstarbeiters) trug sie ihm allein im ersten Jahr nach der Uraufführung ein, aber auch den Hass der Nationalsozialisten, denen die antimilitaristische Tendenz des Stücks zuwider war.Nach der nationalsozialistischen Machtergreifung, die Zuckmayers Arbeit in Deutschland immer mehr erschwerte, verlegte er seinen Lebensmittelpunkt vollständig ins Exil in Henndorf am Wallersee. Sein Landhaus „Wiesmühl“, wo sich von Anfang an Schriftsteller und andere Künstler eingefunden hatten entwickelte sich nun auch zur Zuflucht vor politischer Verfolgung.

    40 Jahre Carl-Zuckmayer-Büste

    Vor 40 Jahren hat die Junge Union Nackenheim eine Büste des Nackenheimer Ehrenbürgers Carl Zuckmayer gestiftet, die seitdem am Rathaus angebracht ist. Finanziert wurde das Kunstwerk im Wesentlichen aus den Erlösen des Weinstandes der JU beim Nackenheimer Weinfest. Die Idee dazu hate Christoph Schmitz, damals Beisitzer im Vorstand der Jungen Union. Gemeinsam mit Karl-Ludwig Bettinger, dem stellvertretenden Vorsitzenden der JU, begleiteten sie die Künstlerin Ursula Bertram nach Saas-Fee. Dort führten sie in Zuckmayers Haus Vogelweid intensive Gespräche mit Carl Zuckmayers Witwe, Alice Herdan Zuckmayer. Die Büste wurde von Ursula Bertram aufgrund der dabei gewonnenen Eindrücke geschaffen.

    Zur feierlichen Enthüllung des Kunstwerks am 10. Juli 1982 kamen Alice Herdan-Zuckmayer und Maria Winnetou Guttenbrunner, die Tochter des Ehepaares Zuckmayer, nach Nackenheim. Der Tag endete mit einer Freilichtaufführung des Fröhlichen Weinbergs durch das Ensemble der Carl-Zuckmayer-Gesellschaft im Weingut Dr. Dietrich.

    Ursula Bertram hatte in den darauffolgenden Jahren ihr Atelier in Nackenheim, im dem damals gemeindeeignen Haus Fischergasse 12. In dieser Zeit schuf sie den Zuckmayer-Lebensfries für die Grundschule. Die Künstlerin gestaltete seitdem bedeutende Werke für den öffentlichen Raum und hatte viele internationale Erfolge.
    Foto von der Enthüllung Ortsbürgermeister Günter Ollig, Alice Herdan-Zuckmayer, Ursula Bertram, Christoph Schmitz und dahinter JU-Vorsitzender Gotthard Mann Quelle: Ortsgemeinde Nackenheim
    Foto von der Enthüllung
    Ortsbürgermeister Günter Ollig, Alice Herdan-Zuckmayer, Ursula Bertram, Christoph Schmitz und dahinter JU-Vorsitzender Gotthard Mann


    Exil
    Nach dem Anschluss Österreichs am 13. März 1938 sah sich Zuckmayer zur Flucht gezwungen. Er hatte öffentlich gegen die Nazis Stellung bezogen, und seine Werke waren schon seit 1933 in Deutschland verboten. Sein älterer Bruder, der Musiker Eduard Zuckmayer, war wegen der Abstammung der Mutter aus der assimilierten jüdischen Familie Goldschmidt seit 1934 durch Ausschluss aus der Reichsmusikkammer mit Berufsverbot belegt und deshalb schon 1935 in die Türkei emigriert. Buchstäblich im letzten Moment, schreibt Carl Zuckmayer in seinen Memoiren Als wär’s ein Stück von mir, als Rollkommandos bereits das Haus in Henndorf besetzt hatten, um ihn festzunehmen, und bevor sie am folgenden Tag in seiner Wiener Wohnung erschienen und diese plünderten, entkam er unter Mithilfe von Alfred Ibach am 15. März 1938 mit dem Zug nach Zürich. Dort konnte im November 1938 die Uraufführung seines Schauspiels Bellman stattfinden, zu der es in Wien nach einer ersten Probe am 11. März nicht mehr gekommen war. Nachdem 1939 das Haus in Henndorf schließlich beschlagnahmt und die ganze Familie ausgebürgert worden war, emigrierte man über Paris, von wo man am 28. Mai 1939 mit dem Zug zur Einschiffung nach Rotterdam weiterreiste, auf Einladung der Journalistin Dorothy Thompson in die USA.
    Zuckmayers Lebenssituation war dort naturgemäß schwierig. In der deutschen Exilantengemeinde galt er zunächst als Prototyp des „Halbemigranten“ (Alfred Döblin). Zeitweise konnte er in Hollywood als Drehbuchautor arbeiten. Als er jedoch seine „innere Unabhängigkeit“ und „Produktivität“ bedroht sah, kehrte er nach New York zurück und wurde Dozent an der von Erwin Piscator geleiteten Theaterschule der Exil-Universität der New School for Social Research. Da ihn diese Tätigkeit nicht befriedigte und er sich und die Familie damit auch nicht ernähren konnte, entschlossen er und seine Frau sich im Frühjahr 1941, sich als Farmer zu versuchen. Man gab die New Yorker Wohnung auf, pachtete bei Barnard, Windsor County (Vermont), wo Dorothy Thompson und ihr Mann Sinclair Lewis den Landsitz „Twin Farms“ unterhielten, für 50 Dollar im Monat die „Backwoods Farm“ und bewirtschaftete sie die folgenden Jahre. Zuckmayers Tochter Winnetou besuchte in der Nähe die von dem deutschen Emigrantenehepaar Max und Gertrud Bondy gegründete Windsor Mountain School. 1943 schrieb Zuckmayer für den ersten amerikanischen Auslandsgeheimdienst, das Office of Strategic Services (OSS), Dossiers über Schauspieler, Regisseure, Verleger und Journalisten, die während der Zeit des „Dritten Reiches“ in Deutschland erfolgreich waren. Dabei machte er die ganze Spannbreite der Verhaltensmöglichkeiten in einer Diktatur von Anpassung bis hin zu Renitenz anhand von 150 exemplarischen Lebensläufen sichtbar. Diese Dossiers wurden erst 2002 als Geheimreport veröffentlicht.
    1946, ein Jahr nach Kriegsende, kehrte Zuckmayer als ziviler Kulturbeauftragter des amerikanischen Kriegsministeriums erstmals nach Europa zurück. Nach einer fünfmonatigen Inspektionsreise schrieb er einen umfangreichen Deutschlandbericht, in dem er zahlreiche besatzungspolitische Maßnahmen kritisierte und eine Reihe konkreter Änderungsvorschläge machte. Er wurde 2004 erstmals publiziert.

    Im Januar 1946 erhielt er die 1943 von ihm beantragte US-amerikanische Staatsbürgerschaft. Noch bis 1957 behielt Zuckmayer seinen Wohnsitz in Woodstock (Vermont), USA. Er lehnte es ab, einen Antrag auf Wiedereinbürgerung in Deutschland zu stellen.

    Sein 1946 in Zürich uraufgeführtes Stück Des Teufels General, das er unter dem Eindruck des Todes von Ernst Udet begonnen hatte, wurde sein größter Nachkriegserfolg auf dem westdeutschen Theater. Allein in der Spielzeit 1948/49 wurde es 2069 Mal gespielt. Resigniert musste Zuckmayer später feststellen, dass sein Bühnenerfolg weniger auf der antifaschistischen Tendenz beruhte, was sich etwa in der Kreation des Begriffs Völkermühle Europas als Metapher für das Rheinland ausdrückte, sondern dass das Stück wegen des Identifikationsangebots mit einem schneidigen Kriegshelden Beifall fand. Mit Dramen wie Der Gesang im Feuerofen (1950) über Widerstand und Kollaboration in Frankreich während des Zweiten Weltkriegs und Das kalte Licht (1955) über einen Fall von Atomspionage war Zuckmayer im Westen auch in den 1950er Jahren der erfolgreichste deutsche Dramatiker. Das führte auch zu zahlreichen Verfilmungen, unter anderem durch Helmut Käutner. Mit Beginn der 1960er Jahre sank das Interesse an seinen Stücken rapide, weil ihr formaler Traditionalismus nicht mehr dem Zeitgeschmack von Regisseuren und Intendanten entsprach. Über die Gründe für diese Entwicklung verständigte sich Zuckmayer in den 1970er Jahren in einem ebenso kurzen wie aufschlussreichen Briefwechsel mit Tankred Dorst.

    Zuckmayers Nachlass befindet sich im Deutschen Literaturarchiv in Marbach am Neckar. Teile davon sind dort im Literaturmuseum der Moderne in der Dauerausstellung zu sehen, unter anderem das Drehbuch zu Der blaue Engel.

    Einige Materialien über die Emigrationszeit befinden sich im Privatarchiv von Richard Albrecht. Im Andenken an Carl Zuckmayer wird seit 1979 vom Land Rheinland-Pfalz die Carl-Zuckmayer-Medaille alljährlich an seinem Todestag verliehen. Dieser Literaturpreis ehrt die „Verdienste um die deutsche Sprache und um das künstlerische Wort“. Marcel Reich-Ranicki bewertete Zuckmayers Position in der Literaturgeschichte auf folgende Weise:

    „Für die Kritik galt er oft als zu volkstümlich und für das Volk bisweilen als zu kritisch. Die Linken hielten ihn für konservativ und die Konservativen für allzu links. So saß er oft zwischen allen Stühlen. Das jedoch ist für einen Schriftsteller kein schlechter Platz.